Den Bäumen eine Stimme geben ­–
Dieti bleibt! 



In unserer (kapitalistischen) Gesellschaft scheint Natur oftmals keine Lobby zu haben. Bauvorhaben und Wohnraum haben mehr Gewicht als hundertjährige Bäume. Diesen Monat habe ich selbst mitbekommen, wie zwei riesige Bäume (Rotbuche und Lerche) in St. Georgen legal und unkompliziert gefällt werden dürfen. In der Brutzeit – denn ein Millionenprojekt von drei Wohneinheiten hat mehr „Stimmgewalt“ als die leisen Ureinwohner unserer Straße. Die Baustelle so für das schwere Gerät einfach besser nutzbar. Wir sprechen uns dann in ein paar Jahren wieder, wenn sich die Hitze im Sommer staut und über zu wenig Schattenplätze geklagt wird. Über Artensterben und vieles mehr. 

Doch immer mehr Menschen und Initiativen setzen sich gegen die Fällung von Bäumen ein, geben den Bäumen eine Stimme und fordern ein Umdenken. So auch im Langmattenwäldchen, genannt Dieti, welches direkt ans Rieselfeld angrenzt. Denn „auf dem Gelände des geplanten neuen Stadtteils Dietenbach sollen – entgegen städtischer Zusagen vor dem Bürgerentscheid im Februar 2019 – nun doch über 3.700 Waldbäume gerodet werden“. Das Langmattenwäldchen soll für den Bau einer Straßenbahnlinie geopfert werden. Weil eine andere Straßenbahnführung teurer sei – meinen die Waldverteidigenden, wie ich in der Sitzung einer Bürgerinitiative erfuhr.

Um eine Rodung zu verhindern oder die Rodungsfläche wenigstens zu minimieren, ist in den letzten Jahren in Freiburg beachtliches zustande gekommen. Von der Produktion des Dokumentarfilmes „Das Kleinod“ von Sarah Moll, über verschiedenste Aktionen wie Flashmob und öffentliche, informierende Waldspaziergänge, neu gegründete Initiativen, bis hin zu einer Baumbesetzung. 
Die sich Engagierenden zeigen sich kreativ und mit langem Atem (siehe ‚Hände weg vom Dietenbachwald‘).

Trotzt ständig wiederkehrenden Rückschlägen und traurigen Botschaften. So wurde beispielsweise ein Architektur-Wettbewerb zum Bau des geplanten Sport-Campus‘ im neuen Stadtteil Dietenbach ausgeschrieben. Hier wurde bei der Preisvergabe durch die Jury trotz vorheriger Forderungen der gefällte Baumanteil nicht berücksichtigt (siehe ‚Hände weg vom Dietenbachwald‘). Genauso gibt es seitens der Stadt keinerlei Regelungen, wie mit den Bäumen auf den Grundstücken umgegangen wird, die die Stadt den noch derzeitigen Besitzer*innen abkaufen wird. Hier kam es aktuell zu mehreren privaten Baumrodungen, welche nur teilweise gestoppt werden konnten und eine „Freigabe“ ab August bisher von Seiten der Stadt leider nicht verhindert wurde. Und das, obwohl der aktuelle Bauplan noch nicht vorliegt und manche der Bäume vielleicht stehen bleiben könnten und gewinnbringend für viele zukünftige Bewohnende wären (vgl. Presseerklärung 2023). Könnte Freiburg als Green-City also nicht ein „Baumgeld“ zahlen? 

Mut macht, dass die illegalen Rodungen nicht hingenommen wurden. Die Wut ist groß und wächst. Es sind viele, die das nicht hinnehmen.

Tine Landes


Der Post entstand im Rahmen eines forschungsorientierten Studienprojekt im Sommersemester 2023. Das Beitragsfoto ist gemeinfrei.


Für weitere Infos, den Link zur Doku „Das Kleinod“, oder wenn du dich selbst einbringen möchtest, sind hier einige der sich für den Wald engagierenden Adressen aufgelistet: